Freitag, 25. April 2014

M oder M?

Es gibt Berufsgruppen, die werden gar nicht und es gibt Berufsgruppen, die werden häufig im TV und Film thematisiert. Eine Serie über Müllmänner oder Maurer? Hm. Eher unwahrscheinlich. Eine Serie über Ärzte oder Anwälte? Hm. Qual der Wahl, welche man denn schauen will. 

Journalisten werden auch ganz gerne mal im Fernsehen zur Figur. Nebenrolle. Zum Beispiel in Krimis, wo sie als Schmierfinken und/oder Informanten auftauchen, die Ermittler nerven und zu Schimpfereien über die Medien an sich herausfordern. Mit Klischees freilich wird nicht gespart. Entweder handelt es sich um die abgehalfterten Herren, die in einem Mantel der Art Horst Schlämmer Berufzynismus streuen oder es handelt sich um Frauen mit Hang zum Burschikosen. 

Insofern aber waren die Darstellungen trotz so mancher Klischees wenigstens noch so halbwegs nah an der Realität. Der Großteil der Journalistinnen hat tatsächlich Sinn für praktische Ästhetik, auch wenn es um das eigene Auftreten und Aussehen geht - ich habe es nicht nur an mir selbst beobachtet (lest hier). Jetzt aber sah ich in der vermutlich xten Wiederholung einer Krimiserie, ich meine es war "Der letzte Bulle", eine Journalistin des Typs Mäuschen. Mäuschen, Mäuschen, Mäuschen ...

Mäuschen wie sie neuerdings auch immer wieder in der Realität des Journalismus auftauchen. Hohe Hacken an den pedikürten Füßen, kurze Kleidchen auf den zarten Leibern, lange Haare, die wimpernklimpernd um die eigenen Finger gewickelt werden ... bis einer eingewickelt ist. Und so sehr ich auch Carrie Bradshaw aus "Sex and the City" für ihren Intellekt, Humor, Charme und nahezu embed(d)ed journalism zu schätzen und in biggen Momenten auch zu beneiden weiß, so möchte ich sie doch jedes Mal belehren, wenn sie sich selbst als Journalistin bezeichnet. 

Zunächst einmal ist sie Kolumnistin, die nur einen Beitrag pro Woche abzuliefern hat und dennoch beinahe täglich Schuhe kauft, deren Preise meine Monatsmiete übersteigen. Und auch sonst sieht man ihrem Äußeren an, dass sie keine echte Journalistin sein kann, die Tag für Tag ranklotzt. Eine echte Journalistin trägt kein Täschchen, welches sie an einem immer wieder rutschenden Henkel auf der Schulter oder am Handgelenk drapiert, damit es vor allem gut aussieht. Journalistinnen greifen gerne zur Umhängetasche, die ein Notizbuch in A5 mindestens zu verstauen weiß. Eine echte Journalistin sucht in ihrer Tasche auch nicht nach ihrem einzigen Kugelschreiber. Journalistinnen verstauen gerne mehrere Schreibutensilien und haben ein nahezu komplett ausgestattetes Büro bei sich, wenn sie unterwegs sind, das ihnen jederzeit ermöglicht von fotografieren bis notieren zu arbeiten (seht hier).

Journalistinnen bevorzugen auch eine Absatzhöhe unterhalb der vier Zentimeter für ihre Schuhe. Sie sind leger schick angezogen und so jederzeit in der Lage, sich mit einem zu interviewenden Bauern auf die Weide zu stellen oder mit einem Bürgermeister in ein Zimmer zu setzen - und für beide Gelegenheiten gut angezogen. Sie können an einen Unfallort düsen und in Straßengräben hockend Fotos von Rettungsarbeiten schießen, ohne sich Fingernägel oder Pfennigabsätze dabei abzubrechen. Wenn sie zu frieren beginnen, ziehen sie einfach den Reißverschluß ihrer (Leder)Jacke hoch und müssen kein Mäntelchen vor Dreck oder das Gesamtbild ihres Stylings bewahren. Vor allem aber interessieren sie sich mehr für ihre Umwelt und Mitmenschen als für die neuesten Designerkollektionen und die eigene Maniküre.

Leider aber scheinen nachwachsende Journalistinnen sich mehr am Äußeren der Carrie Bradshaw zu orientieren als an ihren sonstigen Qualitäten. Sie verkennen, dass Carrie neben der Vogue vor allem eine Reihe Bücher verschlingt und mit Zeitungslektüre in die eigene Bildung investiert. Und bei ihnen ist auch das bisschen Carrie-Journalisten-Tum leider nur "schöne" Hülle und Outfit - von Intellekt, Humor und Charme, Klappe, Kurven und Köpfchen ist nichts zu spüren. Stellt sich die Frage, wohin uns der Trend noch führen wird: zur Model- oder Modelljournalistin?

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