Samstag, 21. Juni 2014

Allesmacher

Fotos, das Interview und die Notizen für die Story. Und später dann das Layout, dazu das Management sowie die komplette Redaktionsorganisation, Korrekturlesen und so weiter - im heutigen Journalismus, vor allem dem lokalen Journalismus, scheinen die Macher Alleskönner zu sein. Tatsache ist: Wir sind bloß Allesmacher.

Am Anfang meiner "Laufbahn" (ich nenne es manchmal steiles Bergabrennen) lächelte ich noch hochtrabend über die älteren Kollegen, die sich bei der Ansage von Terminen dem Mitnehmen einer Kamera strikt verweigerten oder einfach nur immer mal wieder erwähnten, dass sie nicht alles gleichzeitig machen wollen und können. Inzwischen stellt sich ein Einsehen bei mir ein. 

Zwar zähle ich mich durchaus zu den Journalisten, die viele der oben genannten Fähigkeiten auf sich vereinen. Warum ich das so betone? Ähm: Ich habe leider auch schon feststellen müssen, dass es Journalisten gibt, die nicht mal richtig schreiben können. Aber: Ich bin auch nicht gut in allen Bereichen.

Auf folgende Dinge verlasse ich mich: Ich kann gut schreiben. Ich kann gut mit Menschen umgehen. Ich habe gute Ideen und einen guten Instinkt für gute Geschichten. Ich bin ein guter Manager. 

Aber: Ich kann schon nur noch ordentlich layouten und nur passabel fotografieren. Ordentlich und passabel! Heißt: Es ist kein Verlass darauf, dass ich ein Foto immer gut mache und beim Layout mangelt es mir manchmal an guten Ideen. Gute Fotos sind bei mir oft Zufallstreffer. Termine, bei denen man kein Foto stellen kann und gleichzeitig seinen Text in den Block holen muss, die kann ich inzwischen nicht mehr wirklich gut finden - weil das Ergebnis immer in irgendeinem Bereich nicht gut genug ist. Und ich würde mich lieber auf den Text als das Drumherum wie das Layout konzentrieren. Zudem stelle ich fest, dass ich am Ende eines langen Tages immer häufiger Fehler in den Texten übersehe.

Man könnte nun meinen, dass ich einfach langsam alt werde und der Überforderung anheimfalle. Nein! Ich habe nur begriffen, dass dieses Allesmachen ein Teil des Ruins, vor allem im lokalen Journalismus, ist. 

Denn das Ergebnis einer solchen Allesmacherei ist oft, dass es an irgendeiner Stelle mangelt - wir können nicht alles gleichzeitig gut machen, wir sind keine Alleskönner. Man bekommt einen guten Text hin. Aber muss das eigene eher schlechte Foto verwenden, das ja aber den Leser in den Text ziehen soll. Oder das Foto ist gut. Aber dadurch war die eigene Aufmerksamkeit zu schlecht, um all die wichtigen Infos für einen guten Text auch mitzubekommen und der Artikel wird eher lala. Und der gute Text steckt in einem uninspirierten Layout fest. Oder man verliert die Lust und Energie, zugunsten eines guten Fotos auch mal ein schon angelegtes Layout komplett umzustoßen und es so insgesamt alles besser zu machen.

Versteht mich nicht falsch: Das Ergebnis dieser Allesmacherei ist nicht unbedingt der totale Qualitätsverlust und es ist ja nicht alles schlecht. Doch früher, also in der Zeit des Journalismus aus der meine vor ein paar Jahren von mir noch belächelten Kollegen stammen, war eben Vieles besser.

Und es könnte heute alles richtig, richtig gut sein, wenn wir wieder die Aufgaben auf die jeweiligen Spezialisten und damit echten Könner übertragen würden. Sehr gute Fotografen. Sehr gute Layouter. Sehr gute Chefs vom Dienst. Sehr gute Korrekturleser. Damit gute Journalisten den Freiraum haben, sehr, sehr gute Schreiber zu sein. Mehr nicht.

Leider weiß ich, dass ich eine Zeit des Journalismus, in der das möglich ist, nicht mehr erleben werde. Früher war eben wirklich mehr Lametta und das Bild hängt schon lange schief!

1 Kommentar:

André Dreilich hat gesagt…

Sehr gute Feststellung, die ich sehr, sehr gern unterschreibe. Und es klingt sehr, sehr, sehr viel leidvolle Erfahrung durch. Schade.
Beste Grüße
ad