Freitag, 26. Januar 2018

Auswärts

Werde ich alt? Besser: Werde ich wie die alten Kollegen?

Ich habe die Kollegin, welche inzwischen im Ruhestand, immer ein bisschen belächelt, wenn sie sich nach einem Happen in der Mittagspause mit Verweis auf ihre schmerzende Schulter reckte und streckte, ihre Jacke überzog und mit den Worten „Ich muss mal raus, an die frische Luft“ verschwand und erst nach 15 bis 20 Minuten wieder erschien.

Inzwischen ahne ich, warum sie das getan hat.

Weil Journalisten selbst in der Mittagspause immer nur ein Thema kennen. Die Arbeit. Aber leider oft nicht im kreativen Brainstormingsinne und um wild ein paar Ideen zu entwickeln, einige zu verwerfen und am Ende irgendwie produktiv – und gesättigt – zu sein.

Nein. Sie lamentieren darüber, das früher alles besser war und was dieser oder jene Kollege (der, der gerade nicht mit am Tisch sitzt) wieder gesagt und besser gelassen hätte. Sie jammern wie schlecht es der Branche geht, was dieser oder jene Vorgesetzte besser machen könnte, welcher Leseranruf wie genervt hat und … Sie jammern über das Wetter, das zu kalt, zu heiß, zu nass, zu trocken, zu irgendwas ist. Sie meckern über dies, das, jenes ... ach, es nervt mich eigentlich das alles wiederzugeben.

Bis vor rund sechs Monaten habe ich mich oft an diesen Runden beteiligt, sogar inhaltlich. Und irgendwie hatte ich nach der Mittagspause nicht nur wegen der ein oder anderen Currywurst meist weniger Energie als vorher. Es raubt Zeit, Nerven und Energie diesen negativen Trott mitzulatschen. Nichts kommt dabei raus. Es ist weder für die Seele noch den Körper gesund, was passiert, wenn man immer stur sitzen bleibt und sich der Spirale abwärts hingibt.

30 bis 45 Minuten Pause haben wir per Gesetz je nach Arbeitstag. Die kann man sinnvoller gestalten. Also esse ich was, recke und strecke mich, freue mich über meinen gesunden Bewegungsapparat und gehe raus, um eine Runde um den Block oder den nahen Stadtgraben zu laufen. Wenn ich wieder komme, sitzen die anderen meist noch da. Die Mundwinkel zeigen abwärts. Ich habe so rosige Laune wie Apfelbäckchen. Die frische Luft, das wusste die „alte“ Kollegin schon immer, pustet das Hirn frei. 

Nur eines ist noch besser: öfter die Mittagspause ganz und gar außerhalb der Redaktion zu verbringen. Man verpasst garantiert nichts. Die beste Antwort auf das Abwärts ist auswärts. 

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